Au-pair Corinna in Chiles Hauptstadt Santiago

Nach bestandener Matura war es Corinnas Traum vor Studienbeginn wieder für eine längere Zeit nach Südamerika zu gehen. Sie war offen für fast alles, ihre Bedingungen waren lediglich niedrige Kosten (zumindest am Ort keine Zusatzkosten, wenn schon keine Bezahlung) und die Möglichkeit, direkt mit Leuten zu arbeiten.

Green city of Santiago, Chile

Meine Möglichkeiten 

Es gibt viele Optionen, an Projekten in unterschiedlichen Bereichen teilzunehmen: Tierschutz, Projekte zur Unterstützung von behinderten Kindern und Waisen, Zivildienst etc. Hört sich am Anfang toll an, meistens gibt es jedoch einen Haken. Projekte mit Freiwilligenarbeit sind meist unbezahlt und oft sogar noch mit Zusatzkosten verbunden (Essen, Fahrtkosten, Unterkunft usw.), es sei denn, man hat bereits eine Ausbildung, die auch für diese Stelle benötigt wird.
Außerdem gehen diese Projekte meist über einen relativ kurzen Zeitraum oder sind nur mit hohen Kosten zu verlängern. Zivildienst: irrsinnig schwierig als Frau den Platz genehmigt zu bekommen, und wieder die Frage der Kostenrückerstattung. Blieb eigentlich nur Au-pair. Daran hatte ich aber bis dahin nicht wirklich gedacht, da es keine Organisationen gab, die Südamerika im Programm hatten. Das lag wohl auch daran, dass es in Südamerika kaum Leute gibt, die Au-pair kennen und außerdem Kindermädchen aus dem eigenen Land sehr kostengünstig sind.

Gastfamiliensuche

Also machte ich mich selbst auf die Suche und landete auf Aupair World. Hier können Gastfamilien und Aupairs ein Profil erstellen. Die Profile der Gastfamilien beeinhalten Kurzinfos zur Familie, eine Beschreibung der Aufgaben und Anforderungen des Au-pairs, gewünschtes Startdatum und Aufenthaltsdauer. Gegen eine Gebühr von 39,90 Euro kann man 6 Wochen Premium Mitgliedschaft erwerben und private Nachrichten schreiben. Es reicht allerdings, wenn einer der Gesprächspartner (entweder Gastfamilie oder Au-pair) Premiummitglied ist, um in Kontakt zu treten.
Wie zu erwarten, haben sehr viele der registrierten Familien Wurzeln in Ländern in denen Au-pair Programme weitaus bekannter sind. So gibt es durchaus auch Familien, die deutschsprachige Au-pairs suchen. Trotzdem war es für mich keine leichte Sache mich doch dafür zu entscheiden. Schließlich hat man ohne Organisation nicht die Möglichkeit, die Familie zu wechseln oder im schlimmsten Fall kurzfristig wo unterzukommen, sollte es mit der Familie überhaupt nicht funktionieren. Und man muss ja auch mehr als den Flug selbst organisieren – Versicherung, Impfungen und Sonstiges sind auch Kostenquellen. Schließlich fand ich dann eine Familie in Santiago de Chile. Da ich vom Austauschjahr auch einige Leute kannte, bzw. auch mit chilenischen Austauschschülern, die in Österreich waren, Kontakt hatte, sagte ich zu.

Tipps für angehende Aupairs

Wenn man sich dafür entscheidet, in einer Gastfamilie 4 Kinder 60 Stunden die Woche zu betreuen und ihnen auch noch Englisch beizubringen, dann ist einem klar, dass da Einiges auf einen zukommt. Als ich ankam, war der Jüngste noch nicht geboren (der kam dann 4 Tage nach meiner Ankunft), die Mädels waren 1, 4 und 7 Jahre alt. Meine Familie ist Teil der besser gestellten Mittelschicht, samt schönem Haus und gut bezahlten Jobs mit vielen Auslandsreisen und wenig Zeit für Zuhause. Dafür konnten sie sich 2 weitere Hausangestellte, eine für 60 Stunden pro Woche, und eine andere für 16 Stunden, leisten.
Was einem natürlich passieren kann ist, dass Familien, die Au-pairs aufnehmen, sehr karriere orientiert sind. Gerade, wenn die Kinder, bevor sie noch die Muttersprache beherrschen, bereits Englisch lernen sollen. Und mit 4 Jahren spätestens schreiben können müssen. Und viele Kurse (Ballett, Pfadfinder, Sprachkurse, Sportkurse etc.) besuchen. Deshalb lastet auch ein gewisser Erwartungsdruck auf dem Au-pair, den man nicht unterschätzen sollte.
Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die unterschiedlichen Vorstellungen von Erziehung. Man sollte sich im Vorhinein gut mit der Gastfamilie absprechen, um zumindest eine Idee davon zu haben. Aber auch dann kann es sein, dass die Vorstellungen immer noch auseinander gehen. Bei meiner Gastfamilie war es etwa so, dass die Mädchen und der Junge sehr in die Rollenbilder der Geschlechter gedrängt wurden: Mädchen = Prinzessin, zartbesaitet, legt großen Wert auf das Aussehen… – Junge = stark, Beschützer, wild. Vielleicht geschah das auch nicht so bewusst, denn diese Rollenbilder sind in Südamerika einfach noch stärker präsent als in Österreich.

Kommuniziert schon vorher viel miteinander

Sprecht unbedingt vorher ab, wie es mit Freizeitmöglichkeiten aussieht. Wann ist Freizeit vorgesehen, gibt es Anschluss an den öffentlichen Verkehr, Taxis, kann man das Auto der Gastfamilie benutzen etc. In meinem Fall war ich sehr froh, schon Leute in Santiago zu kennen, da ich so schneller Anschluss gefunden habe, was sonst bei 60 Stunden pro Woche nicht so einfach wäre. Aber es war trotzdem nicht immer so leicht, da ich nach Einbruch der Dunkelheit die circa 600 Meter von der U-Bahnstation nicht alleine zu Fuß heimgehen durfte – aus Sicherheitsgründen. Und das in einem Viertel, das als relativ sicher gilt.
Wichtig ist auch noch zu fragen, was selbst zu finanzieren ist. Es gibt Gastfamilien, die dem Aupair den Urlaub mitfinanzieren, es gibt auch welche, die ohne Au-pair fahren, oder wollen, dass man sich das selbst finanziert. Reich wird man als Au-pair ohnehin nicht. Mit meinem Gehalt habe ich mir den Flug nach Südamerika und die Reiseversicherung gut leisten können. Wenn man aber wie ich plant, sonst auch noch einiges zu unternehmen, das Land zu bereisen und das eine oder andere kleine Souvenir zu kaufen, dann bleibt oft trotz billigeren Preisen nicht viel übrig. Au-pair macht man meiner Meinung wegen der Erfahrung.

Fazit

Hammer-Erfahrung! Nach ca. 6 Monaten bin ich Vollprofi im Windelwechseln und habe das Gefühl, einfach überall Augen und Ohren zu haben, um das Kind, das nicht schwimmen kann, rechtzeitig davor abzuhalten, in den Pool zu springen, während ich mit einem zweiten auf dem Trampolin springe, ein drittes das obere Stockwerk komplett mit Spielzeug verwüstet und das vierte vom hauseigenen Kampfhund überrannt zu werden droht. Ich habe einem kleinen Mädchen beigebracht, aufs Klo zu gehen – obwohl der Blumentopf im Garten ihr trotzdem bis zum Schluss lieber gewesen wäre – Pata Pata zu tanzen, unzählige Bilder gemalt und gebastelt, gesungen und Gitarre gespielt usw. Leider ist das Englisch lernen der Kinder dabei etwas zu kurz gekommen. Es ist gar nicht so einfach, wenn man Spanisch kann, ständig wieder ins Englische zu wechseln und die Kinder damit einfach irrsinnig zu nerven. Aber gut, auch davon ist etwas hängen geblieben.

Für mich jedenfalls eine Erfahrung, die ich nicht bereue. Allerdings muss ich auch sagen, dass 4 Kinder und 60 Stunden je Woche wirklich nicht das Einfachste sind, das man sich aussuchen kann. Will man wirklich mehr Zeit für sich und zur Erkundung des Landes haben, sollte man sich das überlegen.